Circular Economy und Digitalisierung in Fernost

Ecoliance Rheinland-Pfalz e.V. entdeckt japanisches Modell der Abfallwirtschaft und Digitalisierung

Tokyo im Februar 2020. Corona ist bereits in den Newstickern, aber noch nicht das alles beherrschende Thema. Der Winter im Land der aufgehenden Sonne war viel zu warm und zu trocken. Überall ist Frühling zu spüren. Aufbruch und eine gute Portion Hoffnung auf den Ausbau guter Geschäftskontakte bringen auch eine Wirtschaftsdelegation aus Rheinland-Pfalz mit. Rund 50 Unternehmer, Abgeordnete und Vertreter des Wirtschaftsministeriums unter der Führung des zuständigen Ministers Dr. Volker Wissing haben sich drei Monate lang auf die Japanreise akribisch vorbereitet. Auch die Ecoliance-Mitglieder Werner Zimmermann, Geschäftsführer von Rhenocoll und Vorsitzender des rheinland-pfälzischen Umwelttechnik-Netzwerks sowie Matthias und Markus Kuhl, Geschäftsführer von Premosys sind mit von der Partie.

Gleich am ersten Abend erläutert Dr. Lucas Witoslawski von der Außenhandelskammer das japanische Wirtschaftsmodell, das angelehnt an den langjährigen Ministerpräsidenten Shinzo Abe, Abenomics genannt wird. Japan nimmt, anders als Deutschland, eine hohe Staatsverschuldung in Kauf, um starke Wirtschaftsimpulse zu setzen. Wie in Deutschland nehmen die demographische Entwicklung, die Digitalisierung von Gesellschaft und Wirtschaft und der Umgang mit den Ressourcen in Form einer Kreislaufwirtschaft eine immer größere Bedeutung ein. Gute Voraussetzungen, um zu vergleichen, wo die beiden Industrienationen stehen.

Ganzheitliche Ansätze stehen hoch im Kurs beim japanischen Technologieriesen Hitachi, dessen Hauptquartier erste Anlaufstelle für die Reisegruppe war. Hier hat man keine Angst vor großen Datenmengen oder Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte, wenn das Ziel die nachhaltige Verbesserung des Lebens jedes Einzelnen ist. Der ansteigende Verkauf von Ingwer oder Schnupfenmitteln in einem Stadtviertel kann so zum Indikator für die Vorhersage von Erkältungswellen werden. Kreativität und das unvoreingenommene Spiel mit den Daten bestimmen die Präsentationen des Unternehmens.

Ein Erinnerungsfoto zeigt die sichtlich beeindruckten Matthias Kuhl und Tamara Breitbach mit dem Hitachi-Roboter.

 

Wie in Deutschland findet Abfallverwertung selten im Stadtzentrum statt. Doch gibt es einen bedeutenden Unterschied. Japan liegt auf einer Insel. Also ist die Raum- und Platzfrage bei jeder wirtschaftlichen Tätigkeit eine dringlichere als in Deutschland. Besonders bewusst wurde dies beim Besuch der Asche-Recycling-Anlage von Tsuneishi Kamtechs Corporation in Saitama. Asche aus der in Japan großflächig etablierten Müllverbrennung wird in dieser Anlage einer zweiten Verbrennung bei ca. 1200 Grad Celsius zugeführt, um jegliche organischen Stoffe und Gifte zu zerstören. Das recycelte Produkt wird als ARC-Sand verkauft und dient der Oberflächenverdichtung. Laut General Manager Tatsuya Kawajiri hat dies zwei große Vorteile: das so reduzierte Material nimmt 20mal mehr Wasser auf als normale Erde und kann in Regenzeiten sinnvoll vor Pfützenbildung schützen. Außerdem lässt es keine organischen Stoffe mehr wachsen. Das in Deutschland stark diskutierte Thema der Phosphor-Rückgewinnung bei der Verbrennung von Klärschlämmen spielt in Japan keine Rolle.

Die Ecoliance-Delegation beim obligatorischen Gruppenfoto mit den Mitarbeitern von Tsuneishi Kamtechs Corporation.

Osaka, das Handelszentrum Japans, hat in den 2000er Jahren die Fassaden von einer Müllverbrennungsanlage und der städtischen Klärschlammverbrennung von Friedrich Hundertwasser designen lassen. Beide Anlagen wurden direkt an die Stadtgrenzen gebaut. Die Reststoffe aus Müll- und Klärschlammverbrennung werden in Osaka im Meer deponiert und dienen dem Aufbau einer neuen künstlichen Insel vor der Küste.

Das Hundertwasser-Design kaschiert den Zweck der Anlage. Osaka verbrennt hier im großen Stil Müll.

Zum Abschluss der Reise besuchten Werner Zimmermann, Vorstandsvorsitzender der Ecoliance Rheinland-Pfalz e.V., und Tamara Breitbach auch das Partner-Netzwerk Hiroshima Environmental Business Council in Hiroshima. Das Cluster bündelt in der von Automobil-, Stahl- und Schiffbauindustrie geprägten Region alle der Umwelttechnik zugehörigen Unternehmen. Unter den aktuell rund 200 Mitgliedern war auch die Hiroshima Metal und Machinery Co. Ltd., die alten Stahl recycelt und regional, bspw. nach Korea und China verkauft. Noboyuki Kataoka, Chefingenieur, führte durch das Werk. Hier ist der technologische Wandel und die damit einhergehenden tiefgreifenden Veränderungen mit Händen zu spüren. Ähnlich wie in Deutschland produziert Japan seinen Stahl zu teuer und kann gegen die räumlich naheliegende Konkurrenz aus China nicht ankommen. So hat sich das Unternehmen auf Stahlrecycling spezialisiert. Die Handelsfirma Santai Sangyo Co. Ltd. mit seinem Geschäftsführer Yoshiaki Fukunaga vertreibt verschiedene chemische Grundprodukte. Respektvoll wurden Ansätze zur weiteren Zusammenarbeit angesprochen. So besteht hohes Interesse am Austausch von Umwelttechnologien, die Ressourceneffizienz und Digitalisierung verknüpfen.

Schutzkleidung ist nötig, um das Stahlrecycling in der Hiroshima Metal und Machinery Co. Ltd. zu besichtigen.

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