Biochar aus Klärschlamm: der Phosphordünger für eine sichere und nachhaltige Landwirtschaft

Die dänische EPA gibt grünes Licht für die Verwendung von Biochar aus Klärschlamm als Düngemittel in der Landwirtschaft. Wenn die Pyrolyse bei Temperaturen von mehr als 500˚C für mehr als 3 Minuten stattfindet und die Prozesstemperatur und -dauer dokumentiert wird, stellt der Prozess nach Auffassung der dänischen Umweltschutzbehörde eine kontrollierte Hygienisierung dar. Nach Schweden und der Tschechischen Republik ist dies das dritte EU-Land, das diesen wichtigen Schritt zur Schließung von Kreisläufen und zur Sicherung von Phosphorressourcen unternimmt.

Dies ist das Ergebnis der gemeinsamen Bemühungen von AquaGreen Denmark, dem European Biochar Industry Consortium EBI und vielen Biochar-Befürwortern, u. a der Pyreg GmbH. Das EBI fordert die EU-Kommission auf, Biochar aus Klärschlamm in die EU-Düngemittelverordnung aufzunehmen, da dies ein wichtiger Schritt in Richtung einer sicheren und nachhaltigen Kreislaufwirtschaft und Landwirtschaft ist. In Ermangelung einer klaren Position zur Pyrolyse als Mittel zur Veredelung von Klärschlamm hat das EBI ein Positionspapier an die Europäische Kommission gerichtet. Es beschreibt das Pyrolyseverfahren und fasst den aktuellen Stand der Forschung wie folgt zusammen:

 

Was ist Pyrolyse?

Die Erhitzung von Biomasse in einer sauerstoffarmen Umgebung wird als Pyrolyse bezeichnet. Bei der Pyrolyse wird organischer Kohlenstoff in ein Gas (Pyrolysegas) und festen/elementaren Kohlenstoff umgewandelt. Während organischer Kohlenstoff abbaubar ist und bei seinem natürlichen Abbau Treibhausgase wie CO2 oder CH4 in die Atmosphäre freigesetzt werden, ist fester Kohlenstoff rekalzitrant (witterungsbeständig/abbaubar). Solange er nicht verbrannt wird, reagiert er mit keinem Element und bleibt in seiner stabilen Form als C erhalten. Somit kann er als dauerhafte Kohlenstoffsenke betrachtet werden, wenn er stofflich genutzt wird (keine Verbrennung).

Zu den Besonderheiten des Pyrolyseprozesses gehören:

- Eine Temperatur und eine Prozessdauer, die hoch genug sind, um wichtige Verunreinigungen des Ausgangsmaterials wie Viren oder Mikroverunreinigungen zu "zersetzen" und/oder zu "verflüchtigen" (siehe unten).

- Die Rückhaltung wichtiger Nährstoffe (wie Phosphor) in der festen Phase.

- Die Fähigkeit, einen Teil des im Ausgangsmaterial enthaltenen Kohlenstoffs in "widerspenstigen Kohlenstoff" in der Biochar umzuwandeln und so eine stabile Kohlenstoffsenke zu gewährleisten, wenn die Kohle nicht oxidiert (verbrannt) wird. Dieser Prozess wird als pyrolytische Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (PyCCS) bezeichnet.

 

Pyrolyse zerstört die Krankheitserreger im Ausgangsmaterial

Klärschlamm entsteht hauptsächlich aus menschlichen Ausscheidungen. Der Klärschlamm enthält naturgemäß Krankheitserreger und Pyrogene, die für die öffentliche Gesundheit bedenklich sind. Die übliche Hygienisierung von Klärschlamm, z. B. das Erhitzen des Schlamms auf 70 °C, beseitigt weder Sporen noch Pyrogene oder Krankheitserreger.

Die Prozessbedingungen der Pyrolyse (> 350°C für mehrere Minuten) sind viel härter als die zugelassenen Sterilisationsbedingungen (132°C für 4 Minuten mit Dampf (siehe CDC-Dampfsterilisations-Desinfektions- und Sterilisationsrichtlinien) und 250°C zur Entfernung von Pyrogenen (bakterielle Endotoxine) unter trockenen Bedingungen (Trockenhitzesterilisation). Da die DNA bei 90 °C denaturiert wird, werden durch die Pyrolyse alle im Klärschlamm enthaltenen Krankheitserreger und Pyrogene (einschließlich Bakterien, Pilze, Viren, Sporen, Parasiten, Antibiotikaresistenzgene usw.) aus dem Endprodukt, d. h. der Biochar, entfernt, wodurch diese Bedenken hinsichtlich der öffentlichen Gesundheit ausgeräumt werden.

 

Die Pyrolyse beseitigt Mikroverunreinigungen aus Klärschlamm

Aufgrund des Vorhandenseins von Mikroverunreinigungen in Klärschlämmen werden zunehmend Bedenken hinsichtlich der Ausbringung von Klärschlämmen auf landwirtschaftlichen Flächen laut. Jüngste wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die Pyrolyse mehrere Arten von Mikroverunreinigungen zerstört oder entfernt:

 

Organische Schadstoffe (Pharmazeutika, hormonstörende Moleküle):

Jüngste wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass bei ausreichend hohen Pyrolysetemperaturen (> 500°C) und Verweilzeiten (> 3 min) alle organischen Referenzschadstoffe und organischen Mikroverunreinigungen vollständig oder nahezu vollständig abgebaut oder aus dem Feststoff ausgetrieben wurden. In einer vom Bundesumweltamt 2019 veröffentlichten Studie wurden pharmazeutische Rückstände verschiedener Biofeststoffe nach pyrolytischen Behandlungen bei über 500 °C untersucht. Nach der Pyrolysebehandlung mit Betriebstemperaturen über 500 °C lagen alle Werte der untersuchten Arzneimittel unterhalb der Nachweisgrenze. Die Autoren schlossen daraus: Mit thermochemischen Behandlungen (d.h. Pyrolyse) wird eine vollständige Zerstörung der Arzneimittelrückstände erreicht. Weitere technische Behandlungsmaßnahmen sind nicht erforderlich.

 

Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS)

Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) sind eine Gruppe von nachweislich krebserregenden Industriechemikalien. Aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften werden sie seit langer Zeit in vielen Industriebereichen und auch im Haushalt weit verbreitet eingesetzt. Sie werden durch den Prozess der Pyrolyse eliminiert. Kundu et al. [2] fanden heraus, dass >90% der PFOS und PFOA in Klärschlamm in einem integrierten Pyrolyse-Verbrennungsprozess zerstört werden. Aus der Arbeit des US EPA Office of Research and Development (2021) mit der kommerziell installierten PYREG-Pyrolyseanlage von Bioforcetech geht hervor, dass die Pyrolyse bei 600°C für 10 Minuten und die Verbrennung der Pyrolysegase bei 850°C PFAS aus Klärschlamm eliminieren [3].

Bioforcetech (2021) hat 38 PFAS-Verbindungen geprüft, deren Nachweisbarkeit weder in der Biochar noch in dem Pyrolyse- und Pyrolysegasverbrennungsprozess möglich war [4].

 

polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)

Die direkte Ausbringung von Klärschlamm auf den Boden ist in einigen europäischen Ländern eine bevorzugte Methode. Ein potenzielles Problem bei dieser Methode ist der hohe Gehalt an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) im Klärschlamm. Durch den Pyrolyseprozess kann der Gehalt dieser Stoffe in der Biochar unter die Nachweisgrenze gesenkt werden, wenn der Pyrolyseprozess richtig gestaltet wird (Moško et al., 2021). Sie wiesen nach, dass durch eine langsame Pyrolyse bei > 400 °C mehr als 99,8 % der untersuchten PCB, PAK und endokrin wirksamen und hormonellen Verbindungen entfernt werden [5]. Die Schlussfolgerung der Studie lautet: "Die langsame Pyrolyse bei hohen Temperaturen (>600 °C) kann organische Schadstoffe zufriedenstellend aus dem entstehenden Schlammteig entfernen, der sicher als Bodenverbesserungsmittel eingesetzt werden könnte.

 

Pyrolyse beseitigt Mikroplastik aus Klärschlamm

Die Forschung zeigt, dass Klärschlamm eine Senke für Mikroplastik ist und dass die weitere Behandlung von Klärschlamm für die potenzielle Ausbreitung entscheidend ist. Daher ist eine wirksame Reduzierung von Mikroplastik im Klärschlamm ein wichtiges Thema (Rolsky et al., 2020). Die Eliminierung von Mikroplastikverunreinigungen kann durch die hohe Temperatur während der Behandlung und die Verweilzeit gewährleistet werden. Ni et al. 2020 [6] stellten fest, dass "Polyethylen und Polypropylen, die beiden am häufigsten vorkommenden Mikroplastikstoffe im Klärschlamm, bei einer Pyrolysetemperatur von 450 °C vollständig abgebaut wurden".

 

Der im Ausgangsmaterial enthaltene Phosphor wird in der Biochar zurückgehalten

In immer mehr EU-Mitgliedstaaten muss Phosphor aus Klärschlämmen zurückgewonnen und zu Phosphor-Dünger recycelt werden. Es gibt verschiedene Methoden zur Phosphorrückgewinnung, aber die Pyrolyse bei Temperaturen von 500-800 °C gehört zu den kohlenstoffeffizientesten und führt zu einem Produkt, das ohne weitere chemische Extraktion direkt als Düngemittel für Bodenanwendungen verwendet werden kann. Die P-Verfügbarkeit (P2O5) der Klärschlamm-Biochar liegt zwischen 40-80% in Ammoniumcitrat (Friedrich et. al. 2015) [7], was eine sehr geeignete Methode zur Messung des Wertes als P-Dünger ist (Kratz, S.; Schnug, E., 2009) [8]. Nach der gleichen Referenz weist dies auf einen sehr wertvollen Dünger hin.

 

Quellen:

[1] Paz-Ferreiro J, Nieto A, Méndez A, Askeland M, Gascó G (2018) Biochar from Biosolids Pyrolysis: A Review. International Journal of Environmental Research and Public Health, 15, 956

(2) Removal of PFASs from biosolids using a semi-pilot scale pyrolysis reactor and the application of biosolids derived biochar for the removal of PFASs from contaminated water, Kundu S. et al, Environ. Sci: Water Res. Technol., 2021, 7, 638-649

[3] EPA PFAS innovative treatment team (PITT) findings on PFAS destruction technologies, EPA Tools & Resources Webinar February 17, 2021, Gullett B.

[4] https://ccag.ca.gov/wp-content/uploads/2020/02/BFT_FEB_2020-1.pdf

[5] Auswirkung der Pyrolysetemperatur auf die Entfernung von organischen Schadstoffen in anaerob stabilisiertem Klärschlamm, Moško J. et al, Chemosphere 265

(2021) 12982

[6] Ni et al, 2020: Environ. Sci. Technol. Lett. 2020, 7, 12, 961-967. https://doi.org/10.1021/acs.estlett.0c00740

[7] Deutsche Gesellschaft für Abfallwirtschaft e.V., 5. Wissenschaftskongress Abfall- und Ressourcen- wirtschaft am 19. und 20. März 2015 an der Universität Innsbruck Kevin Friedrich, Katharina Schuh, Thomas Appel Trockene Klärschlammkarbonisierung - ist ein dezentrales Phosphorrecycling möglich?

[8] Kratz, S.; Schnug, E., 2009 Zur Löslichkeit und Pflanzenverfügbarkeit von Phosphor aus Mineraldüngern - ein Überblick, JOURNAL FÜR KULTURPFLANZEN, 61 (1). S. 2-8, 2009, ISSN 0027-7479 VERLAG EUGEN ULMER KG, STUTTGART,

 

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